Am 24. Oktober 2023 fand ein Kamingespräch mit Prof. Dr. Ann-Marie Kaulbach, Dr. Wendelin Neubert, Prof. Dr. Emanuel V. Towfigh und Studierenden zu dem Thema »Chancen digitalen Lernen und Lehrens«: Kann flipped classroom im Jura-Studium funktionieren?, an der Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder), statt.
Die Lernforschung weiß schon lange: Die Kombination von klassischen Lehrmethoden – Vorlesungen und Lehrveranstaltungen in Präsenz sowie Lehrbüchern oder Skripten – mit digitalen Lernmitteln – also das sog. »blended learning« – führt zu deutlich besseren Lernergebnissen als der isolierte Einsatz klassischer Lehrmethoden. So langsam findet diese Erkenntnis auch Eingang in das Jurastudium: 📚+👩🏫+🖥️+📱 ➡️ 🏆
Die effektivste Form des »blended learning« ist nach den Erkenntnissen der Lernforschung das »flipped classroom«-Konzept: Bisher wird der »Klassenraum«, also die Vorlesung oder Arbeitsgemeinschaft, überwiegend genutzt für die erstmalige Vermittlung von Lernstoff – im anschließenden Selbststudium sollen die Studierenden das so Erlernte dann anwenden (lernen). Im »flipped classroom« wird diese Verteilung umgekehrt: Nun sollen die Studierenden sich den Lernstoff im Selbststudium zunächst aneignen – damit sie den Stoff anschließend im »Klassenraum«, also in der Vorlesung oder Arbeitsgemeinschaft, mit den Professor:innen anwenden (lernen). Für das Selbststudium zur erstmaligen Vermittlung von Lerninhalten eignen sich hochwertige digitale Lernmittel dabei besonders gut.
Warum ist dieser Lehr- und Lernansatz effektiver? Weil die wertvolle Zeit mit den extrem gut ausgebildeten Lehrkräften nicht auf die Vermittlung von Basiskenntnissen verwendet wird, die die Student:innen sich auch getrost selbst anlesen können, sondern gezielt auf den wichtigsten Teil des Lernprozesses: auf die Anwendung und damit die Verstetigung des Erlernten.
Doch kann dieser Ansatz auch im Jurastudium funktionieren? Eine zentrale Herausforderung: Die Anwendungsphase setzt voraus, dass die Studierenden mit den Professor:innen interagieren können, um das im Selbststudium Erlernte auch tatsächlich anzuwenden. In einem Vorlesungssaal mit 300 Kommiliton:innen kann das schwierig sein. Aber auch die Student:innen müssen bereit sein, gut vorbereitet in die Vorlesung zu kommen. Ein drittes Problem: Die digitalisierten Lernmittel, die eine effektive Lernunterstützung während des Selbststudiums leisten sollen, müssen didaktisch und inhaltlich exzellent sein und zugleich die Vorteile digitalisierter Lernmittel umsetzen.