Vortrag von Staatsminister Roman Poseck zum 75. Geburtstag des Grundgesetzes

Anlässlich des 75. Geburtstags des Grundgesetzes besuchte der hessische Innenminister Roman Poseck am 22. Mai 2024 die EBS Law School in Wiesbaden. Das Thema seines Vortrags lautete »Morgen. 75 Jahre Grundgesetz – Herausfordernde Zeiten in guter Verfassung«. Dabei spannte Roman Poseck einen Bogen von der Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes bis hin zu den aktuellen Herausforderungen wie dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine, dem zunehmenden Rechtsextremismus, Antisemitismus und Islamismus. Zudem betonte er die Bedeutung eines geeinten Europas in Verbindung mit einem Aufruf zur Europawahl am 09.06.24.

Der Minister erklärte: »Die meisten Menschen in unserem Land stehen nach wie vor zu den Werten unseres Grundgesetzes. Die Demokratinnen und Demokraten sind klar in der Mehrheit. Eine Ordnung, die die Freiheit des Menschen in den Mittelpunkt stellt, lebt auch vom Mitmachen. Viele Menschen nutzen diese Freiheit, indem sie sich ehrenamtlich in Vereinen, Feuerwehren, Hilfsorganisationen, Kirchen, in der Politik oder in vielen anderen Bereichen engagieren. Sie sind Vorbilder im Sinne unseres Grundgesetzes. Ehrenamtlich tätige Menschen tragen nicht nur zum Funktionieren unseres Gemeinwesens und zu einer lebenswerten Gesellschaft bei, sie sind auch ein starkes Fundament unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Dieses Engagement gilt es anzuerkennen und zu bewahren. Demokratie braucht bürgerschaftliches Engagement und überzeugte Demokratinnen und Demokraten. Dabei kommt es auf jeden Einzelnen an.«

Eingeleitet wurde der Festakt durch eine Rede von dem Rektor der EBS Universität, Prof. Dr. Martin Böhm. Der Dekan der EBS Law School, Prof. Dr. Michael Nietsch, moderierte den Besuch von Prof. Poseck, der zudem Honorarprofessor der EBS Universität ist. Rund 80 Studierende und Lehrende der EBS Law School lauschten dem Innenminister und seinem Vortrag.

 

„Als Bürgerinnen und Bürger können wir zurecht stolz auf unser Grundgesetz sein. Das Grundgesetz hat uns den Weg für Frieden, Freiheit, Demokratie und Wohlstand geebnet. Als Gegenentwurf zu den Verbrechen des Nationalsozialismus konzipiert, konnte sich unsere Demokratie in über 75 Jahre als Stabilitätsanker bewähren. Das Grundgesetz war dabei stets ein gleichsam verlässlicher wie auch hinreichend flexibler Lotse.

Die Fortsetzung der Erfolgsgeschichte unseres Grundgesetzes ist kein Selbstläufer. Die Bedrohungen unserer Werteordnung sind offensichtlich. Sie kommen von außen und von innen. In der Welt werden die Auseinandersetzungen zwischen Diktaturen und Demokratien schärfer; sie werden sogar in Europa mit kriegerischen Mitteln geführt. Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine führt uns seit mehr als zwei Jahren vor Augen, dass Freiheit, Frieden, Recht und Humanität für Russland unter Putin keinen Wert haben. Daher müssen wir Europäerinnen und Europäer alles daransetzen, unsere Werte zu verteidigen und zu bewahren. Nahezu täglich fordern uns zudem Cyberangriffe, Desinformationskampagnen und Spionagefälle heraus, die es auch auf unsere demokratischen Grundwerte abgesehen haben.

Lange Erfolgsgeschichte des Grundgesetzes

Auch im Inneren ist eine wachsende Zahl von Menschen zu erkennen, die unsere Werteordnung in Frage stellen. Extremistische Kräfte haben Zulauf und sie radikalisieren sich weiter. Die größte Gefahr für unsere Demokratie geht dabei aktuell vom Rechtsextremismus aus. Rechtsextreme Straftaten nehmen stark zu. Erst gestern hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser einen erschreckenden Rekord vorgestellt. Die Zahl politisch motivierter Straftaten hat bundesweit mit 60.028 Delikten im Jahr 2023 einen neuen Höchststand erreicht und die Tendenz ist weiter steigend. Die Fallzahlen bei den rechtsextremen Straftaten sind bundesweit von 2022 von 23.493 auf 28.945 Straften im vergangenen Jahr angestiegen. Das ist eine Steigerung von 23 Prozent. Die Zahl antisemitischer Straftaten hat sich innerhalb eines Jahres bundesweit nahezu auf 5.164 Straftaten verdoppelt. Täter sind dabei auch linksextremistische Kräfte, die unsere Rechtsordnung ebenfalls ablehnen. Aktuell zeigen sich zum Beispiel gefährliche Verbindungen zwischen linksextremen Kräften und Teilen der pro-palästinensischen Bewegung. Auch der Islamismus stellt eine Bedrohung dar, wie kürzlich in Hamburg deutlich sichtbar wurde. Ein Kalifatstaat und die Werteordnung unseres Grundgesetzes widersprechen sich fundamental.

Diese Gefahren gilt es ernst zu nehmen. Für Verzagtheit gibt es aber keinen Anlass.

Wir können heute mit Selbstbewusstsein und mit Zuversicht auf der langen Erfolgsgeschichte unseres Grundgesetzes aufbauen und diese fortschreiben. Anders als es die Feinde der Demokratie glauben machen wollen, sind die vielen Herausforderungen unserer Zeit gerade keine Folge unserer Werteordnung. Im Gegenteil: Sie sind zumeist Angriffe auf diese und ihnen kann mit demokratischen und rechtsstaatlichen Mitteln am besten begegnet werden. Unser demokratischer Rechtsstaat ist wehrhaft. Dies hat auch jüngst die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts in Münster zur Einstufung der AfD gezeigt.

Freiheitlich-demokratische Grundordnung

Nach wie vor treten die meisten Menschen bei uns für die Werte unseres Grundgesetzes ein. Die Demokratinnen und Demokraten haben eine klare Mehrheit. Eine Ordnung, welche die Freiheit des Menschen in den Mittelpunkt stellt, lebt auch vom Mitmachen. Viele Menschen nutzen diesen Freiraum, indem sie sich ehrenamtlich in Vereinen, Feuerwehren, Hilfsorganisationen, Kirchen, Politik oder vielen anderen Bereichen engagieren. Sie sind Vorbilder im Sinne unseres Grundgesetzes. Ehrenamtlich tätige Menschen tragen nicht nur zum Funktionieren unseres Gemeinwesens sowie zu einer lebenswerten Gesellschaft bei, sondern sie sind auch ein starkes Fundament unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Dieses Engagement gilt es anzuerkennen und zu bewahren. Demokratie braucht bürgerschaftliches Engagement und überzeugte und überzeugende Demokratinnen und Demokraten. Dabei kommt es auch auf jeden Einzelnen an.

Wir brauchen außerdem ein starkes und ein einiges Europa. Rechtsstaat und Demokratie sind gemeinsame Werte aller Mitgliedsstaaten in der Europäischen Union. Sie sind unsere Klammer und sie unterscheiden uns von vielen anderen Staaten im Rest der Welt. Gemeinsam sind wir in Europa mehr, widerstandsfähiger, erfolgreicher und stärker. Deshalb geht es bei der Europawahl am 9. Juni auch darum, unsere Werteordnung zu stärken.“

Quelle: Hessisches Ministerium des Innern, für Sicherheit und Heimatschutz